Geschätzt zehn Jahre gingen die vier Uhren am Turm der Servatius-Kirche in Duderstadt falsch. Das technische Problem ist jetzt behoben worden. Während eines Gottesdienstes bedankte sich die Gemeinde bei den Geldgebern.
Duderstädter Kirchturmuhren wieder im Takt
Quelle Artikel: Göttinger Tageblatt vom 19.01.2020 (Ulrich Mainhard)
Alles hat seine Zeit. So steht es schon in der Bibel. Ganz gleich, worum es sich handelt, alles hat seine Zeit. Auch das Stundenwirrwarr am Turm der evangelischen St.-Servatius-Kirche in Duderstadt hatte seine Zeit. Die dürfte nun abgelaufen sein. Die Zeiger der vier Uhren sind zurück im richtigen Takt und zeigen die korrekte Ortszeit an. Fachleute der bayerischen Firma Hörz brachten die alte Technik im Turm in Schwung. Bei dieser Gelegenheit sind die Zeiger der Uhren mit Blattgold versehen worden, jetzt zeigen sie strahlend die Zeit an.
Die Kosten von insgesamt 8200 Euro übernahmen die Stiftung der VR Bank Mitte und die Stadt Duderstadt. Am Sonntag nun bedankte sich die Servatiusgemeinde während eines Gottesdienstes bei den Geldgebern.
Spende über 7000 Euro
Pastorin Christina Abel griff die sowohl physikalischen als auch theologischen Phänomene Zeit und Ewigkeit in ihrer Predigt auf. Eine Stadt, deren Turmuhren dauerhaft falsch gehen, ist offensichtlich nicht auf der Höhe der Zeit, gab sie den Eindruck wieder, den Einheimische aber auch Gäste der Stadt beim Ablesen der vier verschiedenen Zeiten wohl bekommen haben müssen. „Nun kann man natürlich sagen: Bei uns gehen die Uhren eben anders, vielfältig“, versuchte sie sich in einer erfrischenden Deutung des technischen Problems. Aber letztlich würden Uhren, die ständig falsch gehen oder sogar still stehen, doch eher von Gleichgültigkeit zeugen.
„Wir leben in unserer Kirche, in unserem Städtchen nicht neben der Spur, sondern am Puls der Zeit“, betonte die Pastorin. Darum habe sich der Kirchenvorstand sehr gefreut, als von der VR-Bank Mitte die Zusage einer Spende über 7000 Euro eintraf. Bank-Vorstand Björn Henkel nutzte den Gottesdienst, um sich für den vielfältigen Dank aus den Reihen der Gemeinde seinerseits zu bedanken. „Es ist eine Freude zu hören, wie Sie darüber berichten“, sagte er.
Uhrwerk war heil
„Für uns ist es ein riesengroßes Geschenk“, hob Abel gegenüber dem Tageblatt hervor. Sie erklärte, dass das Uhrwerk an sich heil war, nur die Balance von Zeigern und den zu ihnen nötigen Gegengewichten sei gestört gewesen. Der eingebaute Motor schaffte es nicht mehr, die schweren Zeiger korrekt im Fluss zu halten. Das Problem habe lange bestanden, sehr lange. „Zehn Jahre oder mehr“, blickte sie abschätzend zurück in die Vergangenheit.
Das Geläut allerdings habe immer einwandfrei funktioniert, nur die angezeigten Stunden lagen optisch daneben. Kirchenvorsteher Ekkehard Loest wies darauf hin, dass auch die Ziffernblätter der Uhren bei nächster Gelegenheit aufpoliert werden sollen, wenn denn das nötige Geld zusammen kommt.
Wie oft lässt sich ein Canon singen?
Die Frage danach, was die Stunde geschlagen hat, war für die Predigt der Pastorin eine Steilvorlage. So heißt es schließlich für gläubige Christen: „Meine Zeit steht in Gottes Händen.“ Das habe etwas Tröstendes, befand Abel und erklärte auch, weshalb: „Das Ganze zerfließt nicht, sondern ist gehalten von Gottes Ewigkeit.“ Wer ganz im Augenblick lebe, der sei eins mit dem Höchsten. „Das heißt, es gibt Momente, da werden Zeit und Ewigkeit eins“, folgerte die Seelsorgerin. Ihre Einschätzung: „Selten erscheint uns das Leben so lebenswert wie in solchen Augenblicken.“
Am Gottesdienst nahmen neben Bank-Chef Björn Henkel auch Duderstadts ehemaliger Bürgermeister Wolfgang Nolte (CDU) und sein Nachfolger im Amt Thorsten Feike (FDP) teil. Feike, der am Sonntag Geburtstag hatte, bekam im Anschluss der Predigt ein Ständchen von den Gottesdienstbesuchern, sogar einen Kanon. Pfarrer a.D. und Organist Karl Wurm fragte darauf in die Runde, wie oft sich denn ein Kanon wiederholen lasse. Niemand wagte die Antwort, die er dann selbst gab: „Ewig.“