Raffiniert und ohne Skrupel: So versuchen Betrüger, ans Geld zu kommen

Quelle: Thüringer Allgemeine vom 29.06.2024 / Kerstin Rehwald

Auch im Eichsfeld sind Täter aktiv. Zwei Mitarbeiter der VR-Bank Mitte erklären, was man tun kann

Eichsfeld Sie sind skrupellos, arbeiten mit psychologischer Raffinesse und schrecken vor nichts zurück: Betrüger, die Menschen um ihr Geld und, in manchen Fällen, sogar um ihr gesamtes Erspartes bringen. Per Telefon oder über das Internet gelangen sie an die persönlichen Daten von Bankkunden, und wenn die ihre Zugangsdaten preisgeben, wird das Konto leergeräumt. Eine andere Vorgehensweise besteht darin, einen Menschen mit einer gefälschten SMS oder Whatsapp-Nachricht so zu schockieren, dass er viel Geld an ein ihm fremdes Konto überweist.

Auch die Mitarbeiter der VR-Bank Mitte mit ihren Filialen im Eichsfeld wissen um die Rücksichtslosigkeit, mit der Kriminelle vorgehen. „Wir haben es erlebt, dass eine Seniorin mit dem Handy am Ohr in die Bank gekommen ist und 45.000 Euro abheben wollte“, schildert der Bereichsleiter Unternehmenskommunikation, Florian Hartleib, einen Fall. „Unsere Mitarbeiterin am Schalter hat sofort erkannt, dass die Frau dabei war, auf Enkeltrick-Betrüger hereinzufallen und hat ihr die Herausgabe des Geldes verweigert.“ Aber die Seniorin habe die Betrüger direkt am Telefon gehabt, die ihr gesagt hätten, was die Bank-Mitarbeiterin tun würde, und dass sie darauf bestehen solle, ihr Geld abzuheben. Erst die von der Bank verständigte Polizei habe die Seniorin am Verlassen der Filiale hindern können, während weitere Polizisten am vereinbarten Treffpunkt die Betrüger schnappen konnten. „Als alles vorbei war, hat die Frau geweint“, erinnert er sich.

Persönliche Daten werden benötigt

Wie die Betrüger an die Handynummer der Seniorin gekommen sind, weiß der Abteilungsleiter Telefonfiliale, elektronische Bankdienstleistung und Online-Filiale, Jens Nolte. „Ein beliebter Trick ist es zum Beispiel, über dubiose Gewinnspiele an Daten zu kommen“, erklärt er. „Dabei wird dem Internetnutzer erklärt, er habe etwas gewonnen und müsse nur noch seine persönlichen Daten angeben, um das Gewonnene zu erhalten.“ Wer das mache, leite möglicherweise Adresse, E-Mail-Adresse und Telefonnummer direkt an die Betrüger weiter. 

„Wenn die Kriminellen die persönlichen Daten eines Kunden haben, können sie ihn mit erfundenen Nachrichten gezielt ansprechen“, so Jens Nolte weiter. Eine bekannte Masche sei zum Beispiel das Verschicken gefälschter E-Mails. Darin geben sich die Betrüger als die Bank aus und verlangen die Zugangsdaten zum Konto. Wer darauf antworte und seine Pin- und Tan-Nummer weitergebe, ermögliche es den Kriminellen, sich beim eigenen Konto einzuloggen und Geld auf ein anderes Konto zu überweisen.

Im Internet mit der Weitergabe persönlicher Daten aufpassen

„Jeder Mensch hinterlässt im Internet Spuren“, erklärt Florian Hartleib. Das könnten Zahlungsdaten bei Versandshops oder Abonnements, aber auch Kontaktdaten, zum Beispiel bei Online-Partner-Börsen, sein. „Die Menschen gehen sehr sorglos mit dem Hinterlegen ihrer Daten im Internet um“, meinen die beiden VR-Bank-Mitarbeiter. „Das Feingefühl, das man im echten Leben hat, sollte man sich auch online angewöhnen.“ 

Man solle skeptisch sein, wenn sich fremde Leute melden, und im Zweifelsfall immer erst einmal bei der Bank anrufen. „Keine Bank der Welt verlangt die Zugangsdaten über das Internet, am Handy oder per E-Mail“, warnen die beiden. „Über diese Kanäle darf man niemals die persönlichen Bankdaten herausgeben.“ 

Wer eine Nachricht erhalte, einem engen Familienmitglied sei etwas passiert und man solle sofort Geld überweisen oder in bar an eine bestimmte Stelle bringen, der solle versuchen, nicht in Panik zu verfallen. „Besser ist es, erst einmal den Angehörigen anzurufen und zu fragen, wie es ihm geht“, rät Jens Nolte. Der falle meist aus allen Wolken, beruhige den Betroffenen und bestätige, dass ihm gar nichts passiert ist.

Doch die Betrüger sind bei ihrer Vorgehensweise einfallsreich. In einem anderen Fall habe ein Kunde telefonisch die Nachricht erhalten, in Italien würde ein „wichtiges“ Paket für ihn zur Abholung bereitstehen, und er solle 5000 Euro an eine vorgegebene Kontonummer überweisen, damit man ihm das Paket nach Deutschland schicken könne. „Das ist ebenfalls eine beliebte Masche, um an das Geld der Menschen zu kommen“, erläutert Florian Hartleib. „Ein weiterer Trick ist, dass man bei manchen Onlineshops aufgefordert wird, erst Geld zu überweisen, bevor man die Ware erhält.“ Außerdem käme es vor, dass falsche Rechnungen verschickt würden. „In zweifelhaften Fällen kann man einfach mal die Mahnung abwarten, bevor man irgendetwas überweist“, schlägt Florian Hartleib vor.

Betrüger nutzen Verzweiflung der Menschen

Aber auch psychologische Kniffe wenden die Betrüger an. „Sie wissen, dass sich Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen befinden“, erklärt Jens Nolte. „Oft schaffen es die Betrüger bei denen, die in keiner guten seelischen Verfassung sind.“ Einsame Menschen, die verzweifelt einen Partner suchen, zahlten schneller Geld an vermeintliche Vermittlungsbörsen und Menschen, die einen Krankheits- oder Todesfall in der Familie hatten, wollen dem „in Spanien verletzten Neffen“ unbedingt helfen, damit nicht ein weiteres Unglück geschieht. Menschen, die in finanziellen Schwierigkeiten sind, machen sie mit unseriösen Gewinnspielen Hoffnung auf das schnelle Geld. 

„Wir als Banken versuchen alles, um unsere Kunden vor Betrügern zu schützen“, versichert Florian Hartleib. Aber wenn der Kunde bereits auf einen Betrug hereingefallen ist, gibt die Bank kein Geld zurück. „Wir können ja Geld, das wegen fehlerhaften Verhaltens verloren gegangen ist, nicht erstatten“, erklärt er. „Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, können wir nur noch bedingt helfen.“ Allerdings müssten sich Menschen, die einem Betrug zum Opfer gefallen sind, keinesfalls schämen. „Wir wissen, welche Tricks die Betrüger anwenden“, sagen die VR-Bank-Mitarbeiter. „Daher würden wir uns freuen, wenn die Geschädigten offen damit umgehen und ihre Erfahrung teilen.“ 

Damit ein Betrug gar nicht erst passiert, nutzt die VR-Bank Mitte ein Abwehr-Programm. „Darin sind alle uns bekannten betrügerischen Kontonummern gespeichert“, erläutert Jens Nolte. „Ist das Konto, an das der Kunde Geld zahlen will, verdächtig, stoppt das Programm die Überweisung.“ Dank des Programms konnte die Bank 2024 so gut wie alle Überweisungen an Betrüger verhindern. Waren es 2023 noch 100.000 Euro Schaden, wurden die Kunden in diesem Jahr bisher um 292 Euro gebracht. „Darauf sind wir sehr stolz, denn gleichzeitig haben wir Überweisungen in einer Gesamthöhe von 445.000 Euro stoppen können“, freut sich Jens Nolte, in dessen Abteilung 32 Mitarbeiter tätig sind. „Aber unser Ziel ist es, allen Schaden von den Kunden abzuwenden.“ 

Die Kontoführung bei der VR-Bank Mitte funktioniere „omnikanal“, das heißt, alle Angebote der Bank, ob Kontoführung über das Internet, das Nutzen der Automaten, telefonieren oder der persönliche Kontakt zu einem Mitarbeiter der Bank stehen dem Kunden zur Auswahl. Dabei sei das Online-Banking genauso sicher wie die Bankgeschäfte vor Ort, da der Betrug immer eine Aktion des Kunden voraussetze. Der einzige Unterschied sei, dass das Geldüberweisen im Internet viel schneller ablaufe und die Bank kaum eine Chance habe, etwas zu verhindern. 

Daneben habe das Online-Banking Vorteile. Es spare Zeit, Ressourcen und Kräfte. Einer der ältesten Online-Banking-Nutzer bei der VR-Bank Mitte ist hochbetagt. „Bei Fragen ruft mich der 89-Jährige an“, schildert Jens Nolte einen der schönen Momente seiner Arbeit. Sein Kunde spreche langsam und bedächtig, aber er wisse, was er tue. Mit dem Online-Banking könne er sich auch im hohen Alter seine Selbstständigkeit bewahren, habe der Senior gesagt. „Er ist auf dem Laufenden und kommt gut klar“, bestätigt Jens Nolte. „Es braucht einfach Aufklärungsarbeit und Sensibilität, dass man beim Online-Banking sicher unterwegs ist.“

Dafür plant die VR-Bank Mitte jetzt Veranstaltungen sowie die Einführung eines Online-Banking-Führerscheins.

Foto: VR-Bank Mitte eG

 

 

Auch Bankmitarbeiter sind vor betrügerischen Whatsapp-Nachrichten nicht gefeit: Jens Nolte von der VR-Bank Mitte zeigt eine Nachricht auf seinem Handy, über die Betrüger versuchen, an seine privaten Daten zu gelangen. Er rät, solche Nachrichten sofort zu löschen. Florian Hartleib